#NextGenWork Die Zukunft der Arbeit
Die Zukunft der Arbeit ist nicht weniger als eine Revolution.
Homeoffice, mobiles Arbeiten und Kollaboration haben sich faktisch schon in vielen Branchen etabliert. Spätestens seit der Corona-Pandemie haben sowohl diese Formen des Arbeitens als auch die entsprechenden Technologien Hochkonjunktur. Eine Einladung zu einer Videokonferenz, eine hybride Tagung, an der man sowohl persönlich als auch virtuell teilnehmen kann, oder die Nutzung von cloudbasierten Diensten, an denen Menschen an unterschiedlichen Orten zeitgleich kreativ zusammenarbeiten können, löst bei keinem Unternehmen mehr Stirnrunzeln aus. Allerdings: In vielen Betrieben ist diese Art der Zusammenarbeit noch keine Selbstverständlichkeit oder wird gar kritisch beäugt. Gerade in traditionellen und eher hierarchisch organisierten Unternehmen zählt noch der Grundsatz: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Glaubenssatz, ein Mitarbeiter arbeitet nur dann zuverlässig und konsequent, wenn er auch sichtbar anwesend ist, ist nach wie vor verbreitet. Ebenso die Annahme, dass man sich vor neuer Technologie eher schützen müsse als sie progressiv einzusetzen.
Junge Mitarbeiter erwarten mehr
Diese Kultur der Kontrolle, der Hierarchien, der straffen Organisation und des Misstrauens erweist sich jedoch immer mehr als schädlich. Junge Mitarbeiter und moderne Fachkräfte erwarten mehr Eigenverantwortung und flexiblere Lösungen. Wer als Arbeitgeber nicht moderne Tools sowie individuelle Arbeitszeit- und Karrieremodelle anbieten kann, hat das Nachsehen. Dabei spielen rein organisatorische Themen genauso eine Rolle wie Software und KI, die Führungskultur und selbst die Gestaltung des eigenen Arbeitsumfeldes. Die Zeit der Standardisierung und Normung der Arbeit scheint vorbei.
NextGenWork: Umdenken in allen Bereichen
Gefordert wird nicht weniger als eine Revolution. Arbeitgeber sind gut beraten, sich dieser nicht entgegenzustellen, sondern sich vielmehr an die Spitze der Bewegung zu setzen. Der Lohn könnten nicht nur mehr und bessere Fachkräfte sein, sondern vor allem mehr Mitarbeiterbegeisterung und damit deutlich höhere Erträge. Risiken, die es zweifelsohne gibt, sollten dabei ausnahmsweise mal nicht allzu sehr überbewertet werden. Es sind die Mutigen, die Pioniere, die in Sachen New Work die Nase vorn haben werden.
Hybrides Arbeiten wird zur Norm
Starre Arbeitszeiten und feste Arbeitsorte werden zum Auslaufmodell. Nicht umsonst befinden sich die Immobilienpreise für Bürogebäude seit zwei Jahren im Sinkflug. Arbeitnehmer möchten zunehmend selbst entscheiden, ob und wann sie im Homeoffice, im Büro, in einer Hotellobby, in einem Co-Working-Space oder auf Reisen arbeiten. Viele Unternehmen unterstützen diesen Trend, sparen so Kosten für Büros und werden dabei selbst agiler. Wer was wann wo und wie erledigt, hängt dabei sowohl von den Bedürfnissen des Mitarbeiters als auch von der jeweiligen Aufgabe ab – und eben nicht mehr von Vorgaben von Vorgesetzten.
Damit dieses hybride Arbeiten gelingt, müssen die technischen Voraussetzungen geschaffen werden: cloudbasierte Kollaborationstools müssen ebenso intuitiv wie sicher und zuverlässig genutzt werden können. Das Gleiche gilt für die Videotelefonie und das Datenmanagement. Nicht wenige Unternehmen haben selbst bei diesen Grundlagen noch Nachholbedarf.
Weniger Kontrolle, mehr Eigenverantwortung
Damit Mensch und Technik hier zusammenspielen, braucht es eine neue Arbeitskultur: den Fokus auf das Ergebnis, nicht auf den Prozess. Nur ein Mitarbeiter, der weitgehend frei auf ein bestimmtes Ergebnis hinarbeiten kann, ohne dabei jeden Arbeitsschritt vorgegeben zu bekommen und im Detail kontrolliert zu werden, kann seine eigene Ressourcen voll ausschöpfen und seine Freiheiten zum Wohle des Ergebnisses einsetzen. Weniger Kontrolle, mehr Eigenverantwortung sind die entscheidende Basis der NextGenWork.
An dieser Stelle haben Unternehmen gute Argumente, auch lobbyierend aktiv zu werden. Denn die Dokumentation jedweder Arbeitszeit sowie viele arbeits- und sozialgesetzgeberische Vorgaben widersprechen derzeit der neuen Arbeitsrealität – zulasten der deutschen und europäischen Unternehmen. Andernorts ist man deutlich weiter, sowohl praktisch und technologisch als auch gesetzgeberisch.
Talentbasiertes Arbeiten
Neben dem reinen Arbeitsumfeld kommen aber auch persönliche Anliegen der Arbeitnehmer immer mehr zum Tragen. Insbesondere jüngere Mitarbeiter erwarten nicht nur, dass sie ihren eigenen Talenten und Potenzialen entsprechend eingesetzt werden, sondern auch, dass sie an ihren Aufgaben und Verantwortungsbereichen mitgestalten können.
Stärkenfokus und Job-Crafting sind hier die Schlüsselbegriffe. Persönlichkeits- und Stärkenanalysen geben Aufschluss darüber, was einem Menschen am meisten liegt, ihn interessiert und motiviert. Dabei sind nicht alle Teste auf dem Markt aussagekräftig und praktikabel, aber der Wunsch, dass solche Analysen stattfinden und deren Ergebnissen Rechnung getragen wird, gerne auch begleitet durch persönliches und individuelles Coaching, ist inzwischen weit verbreitet. Letztlich steht dahinter der Wunsch, sich den eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich selbst zu gestalten, selbstbestimmt zu agieren, statt fremdbestimmt oktroyierte Aufgaben abzuwickeln.
Im Gegenzug sind Mitarbeiter der Generation NextGenWork gerne bereit, sich entsprechend weiterzubilden und permanent zu lernen. Jedoch stellen sie auch an Aus- und Weiterbildungen hohe Ansprüche.
Nano-Abschlüsse
Besonders beliebt sind hier sogenannte Nano-Abschlüsse. Das sind kurze, berufsbezogene Weiterbildungen, die in der Regel online und im eigenen Tempo absolviert werden können. Sie vermitteln spezifisches Wissen und Fähigkeiten, die für die aktuelle oder zukünftige Arbeit relevant sind. Sie unterstützen durch den Erwerb neuer Fähigkeiten und Kenntnisse mit den Veränderungen am Arbeitsplatz und dem sich ständig verändernden Markt Schritt zu halten. Zugleich können Nano-Abschlüsse den Weg zu neuen Karrieremöglichkeiten ebnen, indem sie die Qualifikationen eines Mitarbeiters verbessern – gerne auch durch Abschlüsse und Zertifikate, die auch für zukünftige Arbeitgeber von Nutzen sind. Der Erwerb neuer Fähigkeiten und Kenntnisse kann die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen, da sie sich dadurch selbstbestimmter und kompetenter fühlen. Die Inhalte von Nano-Abschlüssen sind jeweils aktuell, praxisorientiert und jobrelevant. Nano-Abschlüsse insbesondere von privatwirtschaftlichen Anbietern sind in der Regel deutlich günstiger als traditionelle Weiterbildungen, werden jedoch leider noch nicht in der Breite anerkannt. Auch hier ist noch Lobbyarbeit zu leisten.
Mitarbeiter, die Nano-Abschlüsse verlangen und die Schulungen dann auch entsprechend durchziehen, beweisen damit ein hohes Maß an Selbstdisziplin und emotionaler Bindung an den jeweiligen Arbeitgeber. Nano-Abschlüsse sind für beide Seiten ein Mehrwert. Sie trennen die Spreu vom Weizen, sind zumeist wirksamer und verlangen dem Mitarbeiter entsprechenden Einsatz ab.
Bring Your Own AI (BYOAI)
Nicht nur moderne Ausbildungen setzen zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI, englisch AI), sondern auch die Unternehmen und die einzelnen Mitarbeiter. KI in intelligenten Tools ist ein ideales Hilfsmittel bei lästigen und repetitiven Aufgaben und Problemstellungen. KI-Tools schaffen Synergieeffekte durch die Nutzung von KI-gestützten Analysen und menschlicher Intuition. Deren Nutzung und Implementierung auf Basis ethischer und transparenter Maßstäbe sollte gefördert werden. Die Repräsentanten der NextGenWork sind hier mehr als nur affin, sie fordern solche Tools geradezu ein.
Sie sind den Umgang mit KI-Tools gewohnt und nutzen diese auch im privaten Umfeld ganz selbstverständlich. Ein Unternehmen, das auf diese Potenziale verzichtet, befremdet sie. Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen gut beraten, generell oder zumindest übergangsweise zu gestatten, eigene KI-Tools in die eigene Arbeit zu integrieren und deren Nutzung zu erlauben. Unter dem Motto Bring Your Own AI (BYOAI) können so Leistungsreserven gehoben werden, die in der traditionellen Beschaffung und Implementierung von Software und Tools andernfalls eventuell noch jahrelang liegenbleiben würden.
Sicherheitsstandards und interne Regelungen müssen sich diesen Anforderungen anpassen. Auf der anderen Seite müssen Mitarbeiter hier sensibilisiert und geschult werden. Die sichere und verantwortungsvolle Nutzung von BYOAI-Tools erfordert ein hohes Maß an Verantwortung und Bewusstsein auch für die Risiken.
Bring Your Own Job Description (BYOJD)
Wer die genannten Punkte weiter denkt, kommt schnell auf den Gedanken, dann soll der Mitarbeiter doch gleich komplett bestimmen, was er machen möchte und was nicht. Und tatsächlich gibt es bei Vertretern der NextGenWork diese Tendenz. Entgegen dem Glaubenssatz, Arbeit sei kein Wunschkonzert, möchten junge Arbeitnehmer genau das: Mitbestimmen, wie ihr Job heißt, was ihn ausmacht, wie er beschrieben wird und welche Karriereziele mit ihm verbunden sind. Schlagwort: Bring Your Own Job Description (BYOJD).
Hierfür ist der Mitarbeiter dann aber auch bereit, sich voll einzubringen und etwaige Fortbildungen zu absolvieren. Wichtig dabei ist, eine offene Kommunikation über Sinn und Ziele der Arbeit zu führen, Fähigkeiten und Interessen sowie Karriereziele ständig anzupassen und gemeinsam zu entwickeln.
NextGenWork wird anstrengend
Für die Chefetagen deutscher Unternehmen, die traditionelle Rollenbilder sowie Verhaltens- und Arbeitsweisen gelernt haben, wird NextGenWork anstrengend. Es ist eine radikale Umstellung und weit mehr als die Transformation von einem Arbeitgeber- in einen Arbeitnehmermarkt. Vielmehr ist es die komplette Ausrichtung eines Unternehmens auf die Belange der Mitarbeiter, die allerdings dadurch auch begeistert ihre Arbeit machen können – idealerweise zum Wohle des Kunden und des Unternehmens. Das Prinzip des Gebens und Nehmens bleibt also erhalten. Wenigstens das.



